
Suppe statt Sekt
Eine Kunstgalerie wird zur Suppenküche
2.2.2023, 16:17 Uhr
Ist das Kunst oder kann man es überwinden? Kunstgalerien sind oft sehr elitäre Orte für die Betuchten. Damit brechend, hat der Künstler Denis Messeg nun eine Bonner Galerie in eine „Armenküche“ umgebaut.
Der Bärtige, der sich gerade mit einer Tasse Suppe und einem Apfel eingedeckt hat, ist schon draußen, als er sich wieder umdreht. “Du musst für immer bleiben”, sagt er leise zu Dennis Joseph Messeg, der hinter einem großen Suppentopf auf einer heißen Platte steht. Mezeg lacht. Das sei leider nicht möglich, antwortet er. Irgendwann will der Galerist, in dessen Räumlichkeiten er derzeit zu Gast ist, wieder Geld verdienen.

Messeg will etwas zurückgeben.
(Foto: DPA)
„Die Galerie wird Armensuppe – Suppe statt Sekt“ heißt das aktuelle Projekt des 43-jährigen Performancekünstlers und Bildhauers Messeg. Jeden Abend von 17 bis 20 Uhr serviert er in der Update-Galerie in der Bonner Altstadt Bio-Suppe an Bedürftige. Ideale Jahreszeit für: Januar und Februar, wenn die Tage kurz und die Nächte bitterkalt sind. Und Weihnachten ist nur noch eine ferne Erinnerung.
Messeg sagt, der Galerist sei zunächst etwas überrascht gewesen, als er ihr sagte, sie wolle keine Bilder oder Skulpturen in ihren Räumen. Aber dann hielt sie es für eine gute Idee. Auf der anderen Seite kombinierte ein Einwohner das Amt des Gewerbeaufsichtsamtes und der Regulierungsbehörde. Andere hingegen gaben begeistert Obst oder Geldspenden. Insgesamt sei die Resonanz sehr positiv gewesen, sagt Messeg. Galeriebesucher sind meist Gutverdiener, die in Kunst investieren und oft zu exklusiven Vernissagen eingeladen werden.
„Genau das wollte ich ändern“, sagt Messeg. “Die Reichen und Champagner, die Armen und Suppe.” Er mietet die Galerie zum Selbstkostenpreis. „Es ist komplett selbst finanziert aus anderen Projekten“, sagt er. „Ich sehe es als Investition in meine künstlerische Ausbildung. Und ich möchte dem Universum etwas zurückgeben.“ Er verließ früh sein Elternhaus und lebte dann eine Zeit lang auf der Straße. Deshalb habe diese Aktion auch etwas mit seinem eigenen Charakter zu tun, sagt er.
„Ich stelle mich gerne als Kunstobjekt zur Verfügung“
Draußen fällt Schneeregen. “Ich verbreite es breit, alle finden es spannend”, sagt eine Frau, die Suppe mit sich trägt. Anfangs kamen nur wenige in die kleine Galerie, doch am 5. Tag herrschte plötzlich reges Treiben. „Wir haben bis zum Abend 20 Liter ausgegeben“, sagt Messeg. Einige Besucher haben Alkohol- und Drogenprobleme. Darunter sind Flüchtlinge, die mehr oder weniger Deutsch sprechen, Obdachlose, aber auch „normale“ Berufstätige, die eine Wohnung in der Nähe haben. Eine Frau mittleren Alters sagte, dass sie und ihr Partner die gestiegenen Nebenkosten nicht mehr bewältigen könnten: „Strom, Gas, Wasser, Lebensmittel – alles ist so teuer geworden, dass wir solche Angebote gerne annehmen.“ Manche sagen zunächst, es sei nur aus Neugier – aber dann essen sie die Suppe mit Dankbarkeit.
Dass das Ganze eine Art Show ist, scheint die Besucher an diesem Abend nicht zu interessieren. Für Messeg selbst ist der künstlerische Aspekt bereits dadurch gegeben, dass er einen bestimmten Raum in eine andere Umgebung versetzt hat. “Jetzt wird aus einer ärmlichen Küche ein Ort, an dem normalerweise teure Gemälde gekauft werden. Im Kleinen passiert das Gleiche auf der Welt: Manche trinken Sekt, manche können sich nicht einmal eine Suppe leisten.”
Eine bereits gestellte Frage: Kann man die Leute, die man braucht, für eine Kunstaktion einsetzen? Besucher Olaf zuckt mit den Schultern. “Ich habe wirklich wenig Geld, also ist es eine großartige Kampagne. Ich freue mich, sie als Kunstobjekt zur Verfügung zu stellen.”